Die Silbermannorgel zu Fraureuth
So klingt unsere Silbermannorgel
Im Jahre 1570 löste sich die Gemeinde Fraureuth von der Pfarrei Beiersdorf, der Fraureuth bis dahin zugeordnet war. Das ist der Zeitpunkt der Entstehung einer eigenständigen Kirchengemeinde Fraureuth. Die Gemeinde wächst schnell. Bereits 1733 ist die vorhandene Kirche zu klein geworden. Es erfolgte innerhalb eines halben Jahres der Neubau unseres heute noch genutzten Gotteshauses, der vollständig aus eigenen Mitteln finanziert wurde. Schnell zeigte es sich, dass das alte vorhandene Positiv (Kleinorgel ohne Pedal) den gottesdienstlichen Ansprüchen nicht mehr genügte. So entschlossen sich die Fraureuther 1739 zum Bau einer neuen Orgel. Genau zu dieser Zeit stellte der „Königl. Pohln. und Churfürstl. Sächß. Hof- und Landorgelbauer“ Gottfried Silbermann eine Orgel in der damaligen Residenzstadt Greiz auf. Die Fraureuther nutzen die Gunst der Stunde und traten mit Silbermann in Kontakt. So kam es, dass am 20. März 1739 ein Orgelbauvertrag zwischen Silbermann und der Gemeinde Fraureuth abgeschlossen wurde. Im Vertrag wurden Materialeinsatz, Kosten und Übergabetermin detailliert festgehalten. Für den Fall des vorzeitigen Ablebens Silbermanns, wurde sein Neffe Johann Georg Silbermann für die Vollendung verpflichtet.
Die Anfertigung und Bemalung des Orgelprospektes mit seinen barocken Schnitzereien wurden vom Greizer Maler August Meister unter Aufsicht von Silbermann ausgeführt. Die Kosten von 800 Talern übernimmt die Gemeinde.
Nach einem halben Jahr teilt Silbermann dem damaligen Fraureuther Pfarrer Rothe mit, dass er mit den Arbeiten begonnen habe. Gleichzeitig ersuchte er die Fraureuther, retter und Pfosten nach genauen Maßangaben zu besorgen um Transportkosten zu sparen. Die Fraureuther mussten sich nun lange in Geduld üben. Der vereinbarte Übergabetermin, Michaelis 1742, rückte immer näher und Silbermann ließ nichts von sich hören. Erst kurz vor Erntebeginn 1742 kam die erlösende Nachricht. Die Fraureuther können Silbermann, seine Gesellen und das Material mit 4 Karren, 2 Leiterwagen und einer Kutsche in Freiberg abholen. Jetzt kann der Aufbau der Orgel beginnen. Dazu wurden Silbermann Räume im ehemaligen Gut Zierold, heute Bauerngut Müller in der Andreas- Hupfer- Straße, zur Verfügung gestellt. Hier wurden die Werkstatt und die Unterkunft für die Gesellen eingerichtet.
Am 1. Advent, dem 2. Dezember 1742, findet nach erfolgter Abnahme durch den Greizer Stadtschreiber und Organisten Johann Gottfried Donati, in Anwesenheit Reußischen Räte von Unter- Greiz, die feierliche Einweihung der neuen Orgel statt. Zwei von Pfarrer Magister Heinrich Rothe und von Kantor Johann Heinrich Clauser verfasste Glückwunschgedichte würdigen das gelungene Werk des großen Meisters Gottfried Silbermann.
Die Endabrechnung der Orgelbaukosten zeigte eine Summe von 1219 Talern, die aus dem Kirchenvermögen und einer Umlage von je 5 Groschen auf einen Kirchenstuhl, das waren vermietete Kirchenplätze, aufgebracht wurde. Zusätzlich dazu schenkte die Landesherrschaft den Fraureuthern bis zur endgültigen Bezahlung die Steuer für das selbstgebraute Bier, den Bierimpost. Eine „große Orgel Mahlzeit auf der Pfarre und in Zierolds Hause“ war Bestandteil dieser Gesamtsumme.
Unsere Silbermannorgel ist eine der wenigen nahezu original erhaltenen Silbermannorgel überhaupt, und eine der wenigen, die der Meister außerhalb der Grenzen des damaligen Sachsens gebaut hat.
Kleinere Reparaturen erfolgten in den Jahren 1850, 1862 und 1916. 1928 wurden alle Pfeifen gereinigt und gestimmt. Durch das Umhängen der Mechanik wurde die Stimmung um einen halben Ton vom Chorton zum Kammerton herabgesetzt, um so die Orchesterstimmung herzustellen. Gott sei es gedankt, dass der geplante Einbau von drei neuen Pfeifen unterblieben ist. Er hätte unsere Orgel ruiniert. 1952 wurde das durch das Umstimmen entfallene große „C“ für alle Register ergänzend eingebaut.
Die Erhaltungsarbeiten wurden seit 1928 von der renommierten Orgelbaufirma Jehmlich in Dresden durchgeführt. Diese Firma hat 1978 die seit längerem anstehende Generalüberholung mit hohem technischem und künstlerischem Sachverstand ausgeführt. Auch dabei wurde die Orgel in ihrer Substanz nicht verändert.
Bei früheren Instandhaltungsarbeiten wurde der untere Teil des Orgelgehäuses übermalt. Im Jahre 1980 wurde durch Restaurator Thümmler aus Gera und Malermeister Kretschmar aus Gauern in aufwendiger Kleinarbeit die barocke Ornamentmalerei wiederhergestellt.
In den Jahren 2018/19 erfolgte dann eine umfassende Grundsanierung unserer Silbermannorgel durch die Orgelbaufirma Rühle aus Moritzburg, die seitdem auch die Betreuung und Wartung der Orgel übernommen hat. Bei dieser Orgelsanierung erfolgte ein kompletter Rückbau aller im Laufe der Zeit vorgenommen Veränderungen. Dabei wurde auch die frühere Stimmung im Chorton wieder hergestellt und ist jetzt in der Stimmung „Neidhard kleine Stadt 1732“ zu hören. Damit ist unsere Orgel wieder im Originalzustand Silbermann.
Seitdem erfreut uns unsere Silbermannorgel wieder in alter Schönheit mit ihrem wunderschönen Klang.
Viele Orgelkonzerte, Rundfunk- und Fernsehübertragungen, Schallplatten- und CD- Aufnahmen und nicht zuletzt die Umrahmung unserer gottesdienstlichen Veranstaltungen lassen den perfekten und kraftvollen Klang der Silbermannorgel aus unserer Kirche in die Welt klingen. Wir stimmen ein in den Lobpreis, den Gottfried Silbermann in das Oval über dem Mittelteil des Orgelprospektes anbringen ließ: „Alles, was Odem hat, lobe den Herren“.
Die Silbermannorgel zu Fraureuth hat folgende Disposition:
Manual: | Prinzipal 8 Fuß; Octava 2 Fuß; Octava 2 Fuß; Tertia 2 Fuß; Quintadena 8 Fuß ; Quinta 3 Fuß; Rohrflöte 8 Fuß; Mixtur 4fach, Spitzflöte 4 Fuß, cornet 3fach |
Oberes Manual: | Gedackt 8 Fuß; Sufflet 1 Fuß; Rohrflöte 4 Fuß; Sesquialtera; Nasat 3 Fuß; Cymbel 2fach; Octava 2 Fuß; Quinta 1½ Fuß |
Pedal: | Subbaß 16 Fuß; Posaunenbaß 16 Fuß |
Spielhilfen: | Manualschiebekoppel und Pedalkoppel; Tremulant; Calcantenklingel |
Das Orgelwerk hat 20 Stimmen mit 1134 Pfeifen. Die 8 und 16 Fuß großen Pfeifen sind aus Tannenholz gefertigt, die übrigen aus Englisch Zinn. Die Tasten der Manuale aus schwarzen Eibenholz und Elfenbein. 1934 wurde einer der beiden Bälge stillgelegt und durch ein elektrisches Gebläse ersetzt.
„Alles, was Odem hat, lobe den HERRN!“
Diesen Vers aus Psalm 150 hat Gottfried Silbermann über unserer Orgel anbringen lassen. Und wir als Fraureuther Kirchengemeinde haben allen Grund zum Loben und zum Danken. Die umfangreichen Sanierungs- und Bauarbeiten an und in unserer Kirche in den Jahren 2018/19 sind abgeschlossen. Ebenso die im gleichen Zeitraum erfolgte Restaurierung unserer wertvollen Silbermannorgel.
Ein solch umfangreiches und kostenintensives Projekt in so kurzem Zeitraum zu realisieren, ist einerseits einer guten Planungsarbeit und der hervorragenden Arbeit aller handwerklichen Gewerke und vieler Helfer zu danken. Andererseits wurde dies alles erst durch die zum Teil sehr großzügige finanzielle Unterstützung verschiedener Geldgeber und Spender möglich. Besonders hervorheben möchten wir dabei die Ostdeutsche Sparkassenstiftung, die Sparkasse Zwickau und die Leaderförderung des Landkreises Zwickau.
Nicht zu vergessen ist natürlich auch die Hilfe und Unterstützung verschiedener Stellen
des kirchlichen und staatlichen Dankmalschutzes, unseres Kirchenkreises, der Fraureuther Gemeinde, des Landkreises Zwickau, des Sächsischen Landtages und des Deutschen Bundestages.
Die feierliche Weihe der Orgel nach ihrer Restaurierung erfolgte im Beisein vieler Gäste zum Erntedankgottesdienst am 6. Oktober 2019.